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AVIVA-BERLIN.de im Mai 2024 - Beitrag vom 04.10.2011


Fünf neue Stolpersteine für Neukölln im Herbst 2011
AVIVA-Redaktion

Am Samstag, dem 8. Oktober 2011 ab 9 Uhr verlegt der Künstler Gunter Demnig fünf Stolpersteine in Neukölln. Der Berliner Bildhauer möchte mit seinem Projekt Spuren und Namen von Verfolgten und ...




... Ermordeten in Nazideutschland bewahren. Zwischen 3.000-4.000 Gedenksteine hat Demnig bereits in Deutschland vor den Häusern von Naziopfern verlegt, davon über 500 in der Hauptstadt.

"Stolpersteine" sind Erinnerungssteine für die ehemaligen jüdischen NachbarInnen, für AkteurInnen des politischen Widerstands und andere Verfolgte und Ermordete des Naziregimes.

Fünf Leben

In der Jonasstraße 5a wird der Widerstandskämpfer John Sieg geehrt. Er wurde am 3. Februar 1903 in Detroit/USA als Sohn deutscher MigrantInnen geboren. Mit 25 Jahren kam er nach Deutschland. Ein Jahr später, im Jahr der Großen Weltwirtschaftskrise 1929, wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei. Als Journalist schrieb er für die KPD-Zeitung "Rote Fahne". Nach Hitlers Machtantritt ging er in den Widerstand. Nach seiner Verhaftung von März bis Juni 1933 setzte er seine Widerstandsarbeit fort. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich seit 1937 bei der Reichsbahn, zuletzt als Fahrdienstleiter an der Station Papestraße. Mit der Zeitschrift "Die innere Front" versuchte er, der faschistischen Propaganda etwas entgegen zu setzen. Seine Texte wurden auf eine Wachsmatrize getippt und in einem Malergeschäft in Berlin-Rudow abgezogen. Nur ein Exemplar dieser Zeitschrift vom August 1942 ist erhalten geblieben. Am 11. Oktober 1942 wurde John Sieg verhaftet. Bereits im Frühjahr 1942 hatte er FreundInnen erklärt, er sei im Falle der Festnahme zum Freitod entschlossen, um niemanden zu verraten. In der Berliner Gestapo-Zentrale wird er verhört. Auf seinem Totenschein steht Selbstmord.

Ein anderer Stolperstein wird in der Jonasstraße 66 für Lisette Ascher verlegt, die man im Alter von 78 Jahren aus ihrer gewohnten Umgebung herausriss und nach Theresienstadt deportierte. Sie wurde zehn Tage nach ihrer Ankunft ermordet.

In der Lenaustraße 6 wird Luise Hartnack geehrt, die wegen "Judenbegünstigung" ins KZ Ravensbrück eingeliefert wurde. Dort kam die 70jährige Mitte Dezember 1942 zu Tode.

Ein anderer Gegner des Nazi-Regimes war Walter Radüe, den man ins KZ Sachsenhausen verschleppte. Wenige Monate später erlag der 46jährige den mörderischen Haftbedingungen.

Der fünfte Stolperstein wird in der Pflügerstraße 1 verlegt. Dort wohnte der Jude Martin Alexander, der aus "rassischen" Gründen verfolgt wurde. Er wurde verhaftet und kam ins Gestapo-Lager Wuhlheide. Dort wurde er 60jährig am 1. Mai 1942 ermordet.

Einen Stolperstein kann jedeR stiften: 120,- Euro ermöglichen die Herstellung und Verlegung eines Stolpersteines. Das Kulturamt Neukölln und das Kulturnetzwerk Neukölln e.V. unterstützen das politische Kunstprojekt "Stolpersteine", welches durch BürgerInnenbeteiligung weiterlebt.

Weitere Informationen finden Sie unter:

Stolpersteine – Gedenken in Neukölln

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